Gesamtmarkt: Für Europa schlägt die Stunde der Wahrheit
Die US-Präsidentschaftswahl hat die Börsen – anders als erwartet – befeuert. Auch die Wahl in den Niederlanden ist für Anleger glimpflich verlaufen. Obwohl der Rechtspopulist Geert Wilders Stimmen hinzugewinnen konnte, hat es für einen Wahlsieg nicht gereicht. Doch nun rückt die Stunde der Wahrheit näher. Am 23. April sind die Franzosen zur Wahl ihres neuen Präsidenten aufgerufen. Ein möglicher Wahlsieg der Rechtspopulistin Marine Le Pen hätte weitreichende Folgen für Frankreich, Europa und die Finanzmärkte.
Aktuellen Umfragen zufolge liegt Le Pen im ersten Wahlgang leicht hinter dem gemäßigten Kandidaten Emmanuel Macron und deutlich vor dem angeschlagenen Widersacher François Fillon. Sollte es die Rechtspopulistin, so wie es aktuell aussieht, in die Stichwahl schaffen, werden ihr im entscheidenden Wahlgang am 7. Mai nur geringe Chancen eingeräumt. Doch wie das Brexit-Votum und der überraschende Wahlausgang in den Vereinigten Staaten gezeigt haben, können Umfragen trügerisch sein. Das Szenario Le Pens als neue Präsidentin Frankreichs ist somit nicht ganz auszuschließen.
„Gewinnt Le Pen die Wahl, werden Frankreichs Börsen beben“, prognostiziert das Berliner Research-Haus Scope Analysis. Aufgrund der hohen Marktkapitalisierung französischer Unternehmen haben europäische Aktienmarktindizes einen hohen Frankreich-Anteil: Der Euro Stoxx 50, der die 50 größten börsennotierten Unternehmen der Eurozone repräsentiert, hat einen Frankreich-Anteil von fast 35 Prozent. Zum Vergleich: Deutschland folgt auf Rang zwei mit knapp 32 Prozent. Aufgrund der möglichen Turbulenzen bleibt der Discount Put von BNP Paribas auf den Euro Stoxx 50 (ISIN DE000PB8BYQ6) aus Z.AT 04.2017 interessant. Das Papier wirft im Juni 2017 einen Gewinn von 9,3 Prozent ab, wenn der Leitindex der Eurozone dann auf oder unter 3.500 Punkten notiert. Zu dieser Marke sind noch rund 200 Zähler Luft.
Auch an den Bondmärkten sind die Sorgen gewachsen, wie die Ausweitung des Renditeabstands zwischen deutschen und französischen Staatsanleihen (OAT) belegt. Beispielsweise ist der Zinsunterschied von zweijährigen OATs zu deutschen Staatsbonds auf den höchsten Wert seit 2012, dem Jahr der letzten Präsidentschaftswahl, gestiegen. Kein Wunder: Die Pläne Le Pens, unter anderem das geplante Referendum über die Zugehörigkeit zur EU, würden ernsthafte Fragen über die Zukunft der EU und des Euro aufwerfen und möglicherweise eine Umschuldung der französischen Staatsschulden auslösen. „Wir könnten uns bei Zinssätzen von acht Prozent widerfinden. Das wäre ein Desaster“, sagt Marc Renaud, Chef und Gründer der französischen Fondsboutique Mandarine Gestion.
Der Zins für zehnjährige französische Staatsanleihen hatte sich seit Mitte 2016 von rund 0,1 auf etwa 1,1 Prozent im März 2017 kräftig ausgeweitet. Im Gegenzug ist der Euro-OAT-Future, das Marktbarometer für französische Staatsanleihen, von rund 162 Punkten auf etwa 145 Zähler gefallen. Zuletzt hat sich die Lage aber wieder ein wenig beruhigt. Die Ausstattungsmerkmale des Euro-OAT-Future – ein im Jahr 2012 von der Eurex begebener Futurekontrakt auf fiktive langfristige Schuldverschreibungen Frankreichs – sind mit einer Restlaufzeit von 8,5 bis 10,5 Jahren und einem nominalen Zinskupon von sechs Prozent identisch zum Euro-Bund-Future, dem Barometer für deutsche Staatsanleihen.
Mit einem Turbo-Bear-Zertifikat (ISIN DE000CE2K8Y1) der Commerzbank können Anleger auf fallende Kurse bei französischen Staatsanleihen spekulieren. Das Papier wandelt Kursverluste des Euro-OAT-Future mit einem Hebel von knapp 10,1 in Gewinne um. Natürlich wirkt der Hebel auch in die andere Richtung, sodass es bei einem Anstieg des Euro-OAT-Future zu Verlusten bei dem Hebelpapier kommt. Daher eignet sich der Turbo nur für risikobereite Anleger. Übrigens: Die Commerzbank hat auch Turbos im Angebot, mit denen Frankreich-Optimisten auf steigende OAT-Kurse setzen können.
Abgesehen von den politischen Risiken sei das Umfeld in Europa allerdings sehr positiv: „Zahlreiche europäische Unternehmen sind immer noch nicht fair bewertet“, sagt Renaud. Die KGVs lägen im Vergleich zu den USA auf historischen Tiefständen. „Im Zuge der Konjunkturerholung werden wir einen Margenaufschwung in Europa sehen, der noch nicht eingepreist ist.“ Anleger sollten daher am Ball bleiben und Short-Produkte bei einem positiven Wahlausgang schnell abstoßen.
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